Gewaltfreie Kommunikation in der Therapie

Praxis Michel und Kollegen in München:

Ich zeige hier in meinem Blog, welche Herangehensweisen mich in meiner Arbeit beeinflußt haben . Das ist der Anfang:

Was ist gewaltfreie Kommunikation?

 
 

 

Ich sehe die gewaltfreie Kommunikation nicht als eine Therapiemethode.Sie ist mehr  eine grundlegende Haltung, eine lebensfreundliche und heilsame Atmosphäre in uns zu schaffen.

Nach dem Motto des Dalai Lama: „Freundlichkeit ist meine Religion“.

Schon in der Bibel steht: „Am Anfang war das Wort“

Was bedeutet das?

Wir äussern unsere Gedanken und Gefühle in Worten und gestalten damit auch unsere innere und äussere Welt.

Worte lassen in uns Bilder entstehen, auf die wir mit Gefühlswahrnehmungen reagieren.

Jeder Mensch auf seine Art und auch zu jeder Zeit und in jedem Kontext unterschiedlich.

Ich habe vor einigen Jahren das Grundlagenwerk von Dr. Marshall Rosenberg, der die gewaltfreie Kommunikation „erfunden“ hat.

Er selber hat sich immer dagegen gewehrt, wie ein Erfinder oder Begründer der GfK betitelt zu werden.

Er hat viele Erkenntnisse von Gandhi, Buddha und auch moderneren Therapeuten zusammengefasst

Er hat sein Leben lang genau untersucht, wie Gewalt entsteht und wie sie sich verhindern lässt und so eine dem Leben dienendes Miteinander entstehen kann.

Er sagt selbst, daß er dabei das meiste aus den Lehren des Buddhismus, Mahatma Gandhi und vielen anderen Weisen übernommen hat.

Eine bedürfnisorientierte Sprache

Ein Bedürfnis im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation ist etwas, das, wenn es nicht erfüllt ist, und krank macht oder wir sogar sterben.

Das kann die Luft zum Atmen oder auch Verbundenheit mit anderen Menschen sein.

Ob ein Bedürfnis erfüllt ist, merken wir durch unseren Körper.

Das, was wir dann spüren ist dann ein Gefühl.

Wenn unsere Bedürfnisse erfüllt sind, fühlen wir uns wohl und wenn nicht, nehmen wir es als unangenehm oder gar bedrohlich wahr.

In der Kindheit lernen wir sehr oft, über unsere Bedürfnisse zu Gunsten der Anpassung an die Umwelt zu verleugnen.

So verlieren wir immer mehr den Bezug zu uns und  anderen.

Wir legen uns eine Sprache zu, in der wir von uns als „man“ oder das, was wir wollen mit „sollte“ und „müssen“ ersetzt wird.

Oder weil wir unsere Bedürfnisse selbst nicht ernst nehmen oder die Erfahrung gemacht haben, daß auch niemand anderes das tut, im Konjunktiv sprechen: „Ich würde vielleicht mal gerne….“

Sie merken vielleicht schon beim Lesen, daß das nicht die Lebendigkeit fördert.

Unsere Sprache mit anderen und auch, wie wir mit uns kommunizieren, ist dazu da, dem Leben zu dienen.

Das ist die Haltung, die hinter der GfK  steckt.

Sie ist dazu da , die Lebensqualität und die Empathie mit uns und unseren Mitmenschen zu fördern.

Nicht mehr und nicht weniger!

Es ist in erster Linie eine Haltung, die wir mit ihrer Hilfe entwickeln können.

Es ist in meinen Augen weniger eine Methode als eine Lebenshaltung. daher finde ich den „Gewaltfreie Kommunikation“ als etwas zu kurz gegriffen.

Sie gibt auch Strukturen und klare Unterscheidungen. Das wichtigste ist für mich die zutiefst humanistische Weisheit, die ihre Basis ist.

Mich fasziniert sie, weil sie uns tief mit unserem Sein in Verbindung bringen kann.

Die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation

Rosenberg hat die GfK methodisch in vier Stufen aufgeteilt:

1.  Beobachtung:

Hierbei beschreiben wir genau, was wir wahrnehmen.

Das klingt erstmal sehr einfach. Es ist wichtig, daß, das, was wir wahrnehmen nicht mit unseren Gedanken und Interpretationen der Situation vermischen.

Zum Beispiel können wir sagen:

Wenn wir zum Beispiel beobachten, daß jemand im Gespräch die Augenbraue hochzieht.

Mehr ist nicht passiert.

Wenn wir das aber als Mißtrauen oder als einen kritischen Blick interpretieren, kann schon ein Konflikt beginnen, wenn wir dann unser Gegenüber fragen, warum er uns so kritisch ansieht.

2. Gefühl

Hierbei ist es wichtig, daß wir unser Gefühl äussern.

Um in dem beispiel zu bleiben, kann das Gefühl durchaus mit Verunsicherung zu tun haben.

Wichtig ist dabei, daß ich dabei meine mögliche Interpretation auch als solche benenne.

„Wenn ich sehe, daß Du die Augenbraue hochziehst, befürchte ich, daß Du das, was ich sage , sehr kritisch siehst.“

Damit übernehme ich die Verantwortung für mein Gefühl. Nicht der andere ist „Schuld“, daß ich verunsichert bin.

3. Bedürfnis

Gefühle sind die körperliche Manifestation unserer erfüllten und nicht erfüllten Bedürfnisse.

Das bedeutet, wenn ich merke, daß mein Puls hochgeht, meine Atmung schneller wird, nenne ich das Unsicherheit.

Mein Bedürfnis ist es in diesem Fall mich sicher zu fühlen.

Was brauche ich in dieser Situation?

Vielleicht ist es Transparenz,  Aufrichtigkeit oder Unterstützung von meinem Gesprächspartner.

Hier ist es wichtig zu erkennen, daß es einen Unterschied zwischen einem Bedürfnis und einer Strategie, es zu erfüllen gibt.

Ein Bedürfnis ist überlebensnotwendig.

Eine Strategie ist ein Weg, ein Bedürfnis zu erfüllen.

Es ist kein Bedürfnis, sofort etwas Süßes oder eine Pizza zu essen zu wollen. Hunger und Nahrung zu brauchen oder sich zu entspannen zu wollen, schon.

4. Bitte

Wenn ich mir bewußt bin, was ich brauche, kann ich den anderen bitten, mir mitzuteilen, was in ihm gerade vorgeht, wenn ich das sage.

Hierbei ist es wichtig, zwischen einer Bitte und einer Forderung zu unterscheiden:

Bei einer Bitte darf der andere „nein“ sagen, ohne negative Kosequenzen befürchten zu müssen.

Diese Schritte geben eine Struktur, die im Gespräch nicht immer genau eingehalten werden kann, ohne dabei befremdlich zu klingen.

Das Wichtigste ist, daß wir die die Absicht haben, die Lebensqualität und das Wohlergehen von uns und anderen gleichsam steigern wollen.

Das Stichwrt ist Empathie.

Ich führe hier beispielhaft einige Bedürfnisse auf:

Atmen, Schlafen, Ruhe, Entspannung, Spiel, Verstehen, Verbindung, Freiheit, Harmonie, Frieden, Geborgenheit, Empathie;…

Sind unsere Bedürfnisse erfüllt,

fühlen wir uns leich,freudig,gelassen, angeregt, berührt, freundlich, friedlich, vergnügt, sicher,…

wenn nicht: ängstlich,ärgerlich,unruhig, angespannt,lethargisch, depressiv, gelangweilt, frustriert…

Wichtig ist auch die Unterscheidung von Gefühlen und Interpretationen:

z.B. Ich fühle mich abgelehnt (ich interpretiere, daß der andere mich ablehnt)

Ich fühle mich übergangen, hintergangen, ausgegrenzt, belästigt…

Ich kann hier natürlich nur einen sehr kleinen Einblick in die gewaltfreie Kommunikation geben.

Um ihren Geist noch etwas zu verdeutlichen gebe ich Ihnen noch ein paar Gedanken von M. Rosenberg und anderen mit:

 
 
Unser Ziel ist eine Beziehung, deren Basis Offenheit und Mitgefühl ist
 
 
Analysen anderer Menschen sind in Wirklichkeit Ausdruck unserer eigenen Bedürfnisse und Werte
 
 
Gewalt entsteht aus dem Glauben, daß andere Menschen unsere Schmerzen verursachen und dafür Strafe verdienen.
 
 
Der Sinn des Lebens? Unser ganzes Lachen zu lachen und unsere ganzen Tränen zu weinen
 
 
Jenseits von richtig und falsch gibt es einen Ort, an dem treffen wir uns (Rumi)
 
 

Bernd Michel